Burgen Thüringens
Die Burgen in Thüringen spiegeln eine geschichtsträchtige Landschaft wider, die sich im Laufe der Jahrhunderte seit dem Mittelalter gebildet hat. Aber bereits in ur- und frühgeschichtlicher Zeit suchten Menschen Schutz in Burgsystemen. So zeugen bronze- und eisenzeitliche Wallburgen, als Holz-Erde-Konstruktionen errichtet, von dieser Bautätigkeit. Später kommen Dorf- bzw. Siedlungsbefestigungen oder Landwehren, in noch jüngerer Zeit auch wehrhafte Kirchen, zur Geltung.
Die klassische Burgenbauzeit in Thüringen begann im 10. Jahrhundert und fand im 15. Jahrhundert mit dem Übergang zum Schloß- bzw. Festungsbau sein Ende. Zu Beginn gaben Grenzkonflikte Anlass zum Bau von Befestigungsanlagen. Hierbei bildete die Saale die Grenzlinie zwischen deutschen und slawischen Siedlern. Bereits im 7./8. Jahrhundert wurden durch Slawen (Sorben) Burgen östlich der Saale errichtet, westlich davon waren auch die Franken nicht untätig. Beispiele dafür sind die Hasenburg in Haynrode oder die Mühlburg bei Arnstadt. Später zeigten Burgen auch Merkmale von gesellschaftlichen Differenzierungen. Im 10./11. Jahrhundert kam es zur Errichtung von Pfalzen und Burgensystemen, vor allem am Harzrand, da hier die Reichspolitik einen neuen Schwerpunkt erhielt. Bekannte Pfalzen sind z. B. in Nordhausen, die Burg Kyffhausen (in Sachsen-Anhalt) oder in Jena (Kirchberg) zu verzeichnen.
Sind die Pfalzen charakteristisch für das damalige mobile Regierungssysstem, so ist das 11. Jahrhundert geprägt von der Errichtung steinerner Bauten, die einen ständigen Wohnsitz auf den Burgen erlaubten. In dieser Zeit kam es zur Aufhebung des „königlichen Befestigungsregals“, welches das Errichten von Burgen dem König vorbehielt. Mit dem Aufheben dieser Gesetzlichkeit wurden die Grundlagen für die Territorialaufteilung und somit der folgenden Kleinstaaterei in Thüringen gelegt.
Zwischen 1150 und 1300 erreichte die Burgenbauepoche ihren Höhepunkt. Viele Grafengeschlechter hatten eine Reihe von Burgen zur Sicherung ihres Territoriums errichtet, die wiederum von eingesetzten Ministerialen verwaltet wurden. Zu nennen sind die Grafen von Käfernburg-Schwarzburg, von Gleichen, von Lohra, von Hohnstein, von Beichlingen oder die Herren von Lobdeburg. Das Geschlecht der Ludowinger erhielt 1130 die Landgrafenwürde.
Die Kriegswirren des 13. Jahrhunderts, die auf der einen Seite durch den Kampf des Hochadels um den Landgrafenstuhl (Thüringer Erbfolgekrieg, 1247 – 1263) und auf der anderen Seite der Krieg um die Königskrone zwischen Welfen und Staufern auf Thüringer Gebiet geprägt ist, waren die Grundlage für den Neu- bzw. Ausbau zahlreicher Burgen durch Ministerialgeschlechter. Der dann gewählte deutsche König Rudolf von Habsburg gebot diesem „Wildwuchs“ Einhalt, vor allem sein Landfriedensaufgebot im Verein mit Erfurter Bürgern führte 1289/90 zur Zerstörung von über 60 Burgen im Land, die bereits auf den unrühmlichen Stand der „Raubritterei“ herabgesunken waren. Auch im 14. und 15. Jahrhundert sind lokale Fehden, so der Thüringer Grafenkrieg 1342 – 1346 oder der Sächsische Bruderkrieg 1446 – 1452 Anlass zum Kampf gegen Burgen und befestigte Plätze.
Nach 1300 kam es nur noch vereinzelt zum Neubau von Burgen, eher wurden die alten um- und ausgebaut. Es wuchsen die Bestrebungen zum einen durch den Ausbau der Wohneinrichtungen in repräsentative Schlösser, ohne Vernachlässigung des Verteidigungssystems. Als Beispiel sei hier die Burg Hanstein bei Bornhagen genannt. Eine zweite Richtung wurde durch den Bau von stark befestigten Anlagen (z. B. Kastelle in Bibra oder Schkölen) vorgegeben, die mit Beginn des 16. Jahrhunderts im Festungsbau (z. B. Heldrungen) endeten.
Auf Grund der politischen Entwicklungen, aber auch der militärtechnischen Fortschritte hatte sich der Bau der Burgen überholt. In der Blütezeit allerdings soll jeder vierte Ort in Thüringen über eine Burg oder eine anders geartete Befestigung verfügt haben.